Speznaz
Mit Sicherheit war es ein extrem seltenes, weil „von oben“ genehmigtes Treffen.
Auf Einladung der NVA-Spezialaufklärer wurde ein Leistungsvergleich mit Aufklärern eines Bataillons Spezieller Verwendung (GSSD), im heutigen Sprachjargon: „Speznaz“ durchgeführt.
Mit einem russ. Kompaniechef, einem schneidigen Hauptmann mit Oberlippenbart, vereinbarten wir im Vorfeld folgende Disziplinen:
– 3000m mil. Geländelauf (zur Erinnerung: mit Sprungstiefeln, FDA-Sommer, Fecht-MPi),
– 100m Uniformschwimmen,
– MPi- und Pistolenschießen,
– Gegner-Erkennungsdienst und
– Gruppenzielspringen
Selbstbewußt gingen wir an die Vorbereitungen. In jeder Disziplin sollten die drei Besten ermittelt werden und aus deren Ergebnis sollte dann die bessere Mannschaft geehrt werden. Beide Seiten starteten mit jeweils 30 Mann, Soldaten, Unteroffiziere, Offiziere.
Das Wetter war optimal, die Eilenburger Muldenwiesen kannten uns schon mit Vornamen und alle unsere Jungs liefen ausgezeichnet. Wer sich im Sport ein wenig auskennt, der weiß, dass Zehner-Zeiten schon mit Turnschuhen gut sind. Wir hatten mit Sprungstiefeln und dem ganzen Gerassel sehr viele Jungs, die Zeiten liefen 10 Minuten und … und dann kamen die Sowjets (es waren nicht alle Russen) und deklassierten uns. Sie waren nicht nur schneller, sie hatten viele mit Neuner-Zeiten. Wir waren leicht geschockt. Eine so deutliche Niederlage hatten wir nicht erwartet.
In Eilenburg hatten wir aber auch ein echtes Privileg: Einmal die Woche konnten wir für eine Stunde die Schwimmhalle allein für uns nutzen. Schwimmen und Tauchen… passte gut ins Ausbildungsprogramm. Anmerkung 1: Das haben wir natürlich auch in natürlichen fließenden Gewässern zur Genüge gemacht, aber das würde durch den späteren Chef Aufklärung des MB verboten, weil die Sicherheitsvorschriften … und andere Ängste seinerseits… Wir haben es trotzdem gemacht und es gab nie ein Problem bei uns Aufklärern)
100m Kleider-Schwimmen haben klar die Deutschen gewonnen. Heute glaube ich, dass daran auch die Schwimmausbildung an den DDR-Schulen beigetragen hat.
Ein Erlebnis der besonderen Art hatten wir auf dem Schießplatz in Paschwitz. Pistole war auf beiden Seiten die gleiche Waffe. Bei der Kalaschnikow gab es kleine Unterschiede. Die „Freunde“ hatten ein kleineres Kaliber (5,56) und mehr …
Das eigentliche Erlebnis war die Munitionsausgabe. Jeder ehemalige NVA-Soldat kennt die akribische Dokumentation und die umständlichen Meldungen.
Die Speznaz haben tatsächlich aus der Hosentasche (!) verteilt. Einfach so und so viel jeder brauchte – irre. Pistolenschießen ging an uns, MPi-Sieg an die Speznaz. (Anmerkung 2: Bei den SAkl hatte strukturmäßig jeder Doppelbewaffnung MPi und Pistole)
Im sogenannten Gegnerkabinett konnte kein Sieger ermittelt werden, weil bei Struktur, Ausrüstung und Bewaffnung an Modellen und Fotos, an Organigrammen von Trupp bis Armeegruppe beide Seiten sehr gut ausgebildet waren.
Das gemeinsame Fallschirmspringen fiel leider aus. Zu groß die Ängste der MfS-Leute, die die „Rote Jahne“ kommandierten. Damals durfte oder konnte sich natürlich keiner darüber beschweren.
Wir haben alternativ einen guten Erfahrungsaustausch auf der Sturmbahn praktiziert. Mit gefesselten Handgelenken die Sturmbahn rückwärts laufen – das haben die Speznaz mit Interesse verfolgt. Das konnte sie auch nicht einfach nach machen; dazu bedarf es schon einiger techn. Übungen.
Natürlich gehörte zur Waffenbrüderschaft auch das Anstoßen mit 100Gramm, aber das gehört schon nicht mehr zu den erinnerungswürdigen Episoden, zumal immer „mitgehorcht“ wurde, auch unter „Freunden“.
Ein inoffizielles privates Treffen, Offiziere mit Frauen und Kindern, war gelebte Kameradschaft. Die anschließende Versetzung zurück in die ehemalige UdSSR war Machtdemonstration der anderen Abteilung. Das Misstrauen verletzt noch heute …