"Jahrhundertskandal": Wagenknecht fordert Untersuchungsausschuss zu Nord Stream
Sahra Wagenknecht (BSW) fordert einen Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Aufklärung der Rolle der Bundesregierung im Zusammenhang mit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines. Im Ausschuss solle der Frage nachgegangen werden, was deutsche Behörden und Regierungsvertreter zu welchem Zeitpunkt über die Anschlagspläne gewusst haben, sagte die BSW-Chefin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Wenn es sich herausstellen sollte, dass deutsche Stellen vorab von dem Anschlagsplan gewusst haben, dann hätten wir einen Jahrhundertskandal in der deutschen Politik."
Die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines sei ein "Terroranschlag auf unsere Energieversorgung" gewesen, sagte Wagenknecht demnach weiter. Die Bundesregierung habe bislang nichts zur Aufklärung unternommen, kritisierte sie.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass der Generalbundesanwalt im Fall der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines vor fast zwei Jahren einen Ukrainer per Europäischem Haftbefehl sucht. Das Wall Street Journal (WSJ) meldete später, dass Präsident Selenskij eine Schlüsselrolle bei der Sprengung der russischen Erdgas-Leitung gespielt haben soll. Eine Gruppe privater Geschäftsleute soll den Anschlag finanziert haben, ein hochrangiger ukrainischer General habe die Aktion koordiniert – und der ukrainische Präsident Selenskij habe sie gebilligt, zumindest zwischenzeitlich, so die WSJ-Darstellung.
Der WSJ-Enthüllungsbericht beruht nach Angaben seines Autors Bojan Pancevski, der leitender politischer Europakorrespondent des Wall Street Journal ist, unter anderem auf Gesprächen mit hochrangigen ukrainischen Militär- und Sicherheitsfunktionären. Eine zweijährige Untersuchung der deutschen Polizei habe zudem die Vorgänge wie beschrieben bestätigt. Bei diesen Ermittlungen seien Beweise wie E-Mails, Handy- und Satellitentelefonverbindungen sowie Fingerabdrücke und DNA-Proben des mutmaßlichen Sabotageteams sichergestellt worden.
Niederlande: Dringlichkeitsdebatte über "Nord-Stream"-Vorwürfe gegen Kiew gefordert
Thierry Baudet, der Vorsitzende der rechtsextremen niederländischen Partei "Forum für Demokratie" (FvD), hat die Fraktionen aufgefordert, die Einberufung einer Dringlichkeitsdebatte im niederländischen Parlament zu unterstützen. Grund dafür seien Berichte über die Rolle von Wladimir Selenskij bei der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines:
"Die Nachricht von Selenskijs Beteiligung an der Sabotage von Nord Stream wirft ein neues Licht auf den laufenden Krieg in der Ukraine, insbesondere auf unsere militärische und finanzielle Unterstützung für Kiew. Ich habe alle Fraktionen gebeten, eine Dringlichkeitsdebatte zu unterstützen."
Diese Frage müsse so schnell wie möglich geklärt und mit dem niederländischen Abgeordnetenhaus diskutiert werden, so Baudet. Am Donnerstag hatte die Partei "Forum für Demokratie" (FvD) die Regierung aufgefordert, angesichts der möglichen Beteiligung Kiews an der Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline die Unterstützung des Westens für die Ukraine zu überdenken.
Den Quellen des Wall Street Journals zufolge, zu denen auch Offiziere gehörten, die angeblich an der Operation beteiligt waren, hatte Selenskij den Sabotageakt gegen Nord Stream zunächst genehmigt. Später versuchte er, das Unterfangen auf Druck der CIA abzublasen, aber der damalige ukrainische Oberbefehlshaber Waleri Saluschny sagte ihm, dies sei nicht möglich, da der Sabotagetrupp bereits entsandt worden sei und es keine Möglichkeit gebe, ihn zu kontaktieren.
In einem Interview mit der Welt berichtete der ehemalige BND-Präsident August Hanning von neuen Erkenntnissen zu dem Vorfall. Laut Bundespolizei und Bundeskriminalamt waren nicht nur staatliche Stellen in Polen und der Ukraine an der Planung und Durchführung der Sabotageaktion beteiligt. Die Sprengung der Ostseepipeline im September 2022 sei vielmehr mit Wissen und Billigung der Präsidenten Duda und Selenskij erfolgt.
Am Donnerstagabend veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) einen Meinungsbeitrag, in dem die Nord-Stream-Pipelines knapp zwei Jahre nach den verheerenden Anschlägen zu einem "legitimen militärischen Ziel" für die Ukraine erklärt wurden.
Am 26. September 2022 ereigneten sich Explosionen an den beiden russischen Export-Gaspipelines nach Europa, "Nord Stream" und "Nord Stream 2". Deutschland, Dänemark und Schweden schlossen eine gezielte Sabotage nicht aus. Der Betreiber von Nord Stream, die Nord Stream AG, teilte mit, dass die Zerstörungen an den Pipelines beispiellos seien und die Reparaturzeiten nicht abgeschätzt werden könnten.
Daraufhin leitete die russische Generalstaatsanwaltschaft ein Verfahren wegen internationalen Terrorismus ein. Russland habe mehrfach um Informationen zu den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines gebeten, aber keine erhalten, sagte der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow.