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US-Hubschrauberbesatzung in NVA–Gewahrsam – ich war dabei

Nach dem Erscheinen des Beitrages von H.-G.LÖFFLER über die Luftraumverletzung der DDR durch einen US – Hubschrauber 1958 in der letzten Verbandszeitung wurden meine Erinnerungen wieder geweckt.

Dass für den Lehrzug der Uffz-Schüler im Aufkl-Btl.-7 in Frankenberg am Abend Alarm ausgelöst wurde, war nicht unbedingt etwas „Neues“. Als der Zug in voller Ausrüstung angetreten war, wurden Namen von einigen U-Schülern verlesen, die vortreten mussten. Ungewöhnlich war, dass die gesamte Ausrüstung wieder abgelegt wurde und im Quartier verblieb. Am Mann sollte lediglich das kleine Sturmgepäck, die MPi 41 und 2 Trommeln Munition bleiben. Im Sturmgepäck befanden sich nur Hygieneartikel und das Essbesteck. Alles andere musste zurückbleiben. Also konnte der Einsatz nicht so lange dauern, wie ursprünglich von den Teilnehmern angenommen. Dann wurde „Aufsitzen“ befohlen und der K – 30 setzte sich in Bewegung. Mit heruntergelassener Plane fuhren wir ca. 1 Std. als das Fahrzeug hielt und „Absitzen“ befohlen wurde. Wir standen im Gelände mit einer Villa. In einem Raum standen Betten und je ein Nachtschrank pro Person bereit. Weitere Utensilien wie Unterwäsche, Kragenbinden, Handtücher u. a. erhielten wir am darauf folgenden Tag. Für die Wache wurden 2 U-Schüler eingeteilt, die nach kurzer Einweisung ihre Posten bezogen. Die Aufgabe bestand darin: „Für alle Personen von außen einen Zutritt zum Gelände zu verhindern und eine Flucht von Personen aus dem Gelände in jedem Fall zu unterbinden“. Am Morgen des 08.06.1958 erhielten wir die ersten Informationen. Der Auftrag war die Bewachung einer Hubschrauberbesatzung der US–Army, die in der Nähe der Autobahn zwischen Plauen und Zwickau am Vortag Not gelandet war. Zu den Personen erhielten wir die Information, dass der Major Kemper, Stabschef der 7. PD der US – Army in Deutschland ist. Neben weiteren Stabsoffizieren wie Major Zeller, Kptn. Edemsen, Kptn. Jones, Kptn. Ellis (letzterer der Hubschrauberpilot), befanden sich auch einige Mannschaftsdienstgrade. (Hier sei Dank auch an Reinhard Schaarschmidt gerichtet, der die Namen der US-Militärs bestätigte) Trotz der längeren Fahrzeit stellten wir die Nähe zu Karl-Marx-Stadt fest. Hinweise zu einem genauen Standort gab es nicht. Etiketten auf Getränkeflaschen u. ä. waren entfernt. Brisanz erlangte die Bewachung durch Äußerungen über einen Fluchtversuch, die den Wachoffizieren im Innenbereich der Unterkunft zu Ohren gekommen war. Als die Unterkunft als „nicht sicher“ eingestuft wurde, erfolgte wieder ein Umzug (bei Nacht) in ein anderes Objekt. Nach unseren Vermutungen an die Peripherie von Dresden. Die nun bezogene Unterkunft sollte „sicherer“ sein, da bei Nacht zusätzlich die Jalousien geschlossen werden konnten. Es war auch unvermeidlich, dass sich Personen der Wachmannschaft und der US – Armeeangehörigen im Objekt begegneten. Mit beiderseitigem Anstand wurde gegrüßt. Auch wurde ein Volleyballspiel auf der Rasenfläche im Garten ausgetragen, bei der die
Wachmannschaft gewann. Einmal um die Mittagszeit saß bei offenem Fenster im Aufenthaltsraum der Hubschrauber- pilot Kptn. Ellis auf der Fensterbank. Provokatorisch schwang er ein Bein aus dem Fenster, so als wollte er gleich herausspringen. Das erschien dem Posten zu viel und er lud seine MPi durch, worauf der Kptn. wieder in das Zimmer zurücksprang. Es wurde nie Zweifel daran gelassen, eine Flucht und die damit verbundene Blamage zuzulassen. Bekannt wurde auch, dass zwar über eine Übergabe verhandelt wurde, aber nicht mit offiziellen Vertretern der DDR – Regierung. Da es hier um Menschen ging, wurde das Rote Kreuz der USA ins Rennen geschickt. So erhielten die Militärs laufend Pakete mit Tabak, Zigaretten u. a. persönlichen Bedarfsartikel. Ein Ende des Aufenthalts war nicht zu erkennen. Mehrmals wurden den US – Militärs und auch der Wachmannschaft Dokumentarfilme gezeigt, darunter auch einer, der zeigte, wie der anwesende Stabschef Major Kemper zum Telefon greift und Alarm für die 7. PD der US–Army auslöst über alle Etappen bis zur Herstellung der Gefechtsbereitschaft. Die Aufregung und Diskussion darüber hielt noch einige Tage an. An eine andere Episode erinnere ich mich noch gut, als ein Wachoffizier den Major Kemper aufgefordert hat, in den Nachtquartieren Sauberkeit und Ordnung durchzusetzen. Dazu wurde ich aufgefordert, die Unterkünfte der Wachmannschaft zu zeigen, was in jedem Fall Anerkennung fand. Nach ca. 4 Wochen sind wir wiederum in ein anderes Objekt gezogen. Danach wurde eine Übergabe vereinbart. Während die US – Militärs zur Übergabe nach Hof gebracht wurden, kehren wir in unsere Dienststelle zurück und konnten endlich wieder mal in Urlaub fahren.

Siegfried Schlegel
Ehem. Fallschirmwart SpezAklKp.-3, Cottbus

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